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Aktuelles:

Brexit und Sozialversicherungsrecht: Vorsicht bei Anwendung von Neuregelungen!

08. Februar 2021

Dr. Christina Schön, Rechtsanwältin | Fachanwältin für Arbeitsrecht | Partnerin |
Andrea Wenzel, Rechtsanwältin | Europajuristin (Würzburg) |
ENDLICH REGELUNGEN FÜR „NEUFÄLLE“
 
Lange Zeit war unklar, welche Grundsätze für die Bestimmung des anwendbaren Sozialversicherungsrechts für „Neufälle“ ab dem 01.01.2021 gelten. Das Austrittsabkommen enthielt Übergangsregelungen für sog. „Altfälle“, also für Personen, die sich bis zum 31.12.2020 bereits in einer grenzüberschreitenden Situation befanden, z.B. einer vor diesem Zeitpunkt begonnenen Entsendung (wir berichteten hier. Für diese „Altfälle“ gelten weiterhin ausschließlich die Übergangsregelungen des Austrittsabkommens. Das in letzter Minute ausgehandelte BREXIT-Handels- und Kooperationsabkommen vom 24.12.2020 hat aber nun endlich auch für „Neufälle“ ab dem 01.01.2021 zahlreiche Regelungen für die Dauer von 15 Jahren getroffen.
 
Aufgrund entsprechender Zustimmung seitens UK und aller Mitgliedstaaten der EU gilt dieses Abkommen zunächst vorläufig bis zum 28.02.2021, da das für die Rechtswirksamkeit notwendige Verfahren, insbesondere die Zustimmung des Europäischen Parlaments, nicht mehr rechtzeitig vor dem Jahreswechsel durchgeführt werden konnte. Dieses soll aber offenbar zeitnah nachgeholt werden. 
 
WAS IST ANDERS?
 
Bei der Anwendung des Abkommens ist Vorsicht geboten, da auch einige wichtige Ausnahmen zu beachten sind:
 
Zum einen sind nicht mehr – wie bisher – alle Sozialversicherungsbereiche vom Abkommen umfasst. So sind beispielsweise die Pflegeversicherung und Familienleistungen als besonders wesentliche Fälle zu nennen, die nun ausgenommen sind.
 
Hinsichtlich der Pflegeversicherung ist daher bei Umzug in das Vereinigte Königreich zu überlegen, einen Antrag auf freiwillige Weiterversicherung in der Pflegeversicherung zu stellen, um bislang erworbene Versicherungsansprüche für den Fall der Rückkehr zu erhalten und keine ggfs. schädlichen Unterbrechungen in den Versicherungszeiten entstehen zu lassen. Der Antrag ist bis spätestens einen Monat nach Ausscheiden aus der Versicherungspflicht bei der Pflegekasse zu stellen, bei der die Versicherung zuletzt bestand. 
 
Zum anderen ist auch die Möglichkeit der Ausnahmevereinbarung nicht mehr vorgesehen, was für viele Unternehmen einen großen Nachteil bedeutet, da eine Vielzahl der Praxisfälle nicht die Voraussetzungen einer Entsendung oder Mehrfachbeschäftigung erfüllen. Unklar ist leider nach wie vor, ob für eine Ausnahmevereinbarung auf das Abkommen zwischen Deutschland und UK über soziale Sicherheit von 1960 (welches aber ebenfalls die Pflege- und Arbeitslosenversicherung nicht umfasst) zurückgegriffen werden kann oder ob ggf. noch weitere Neuregelungen zu erwarten sind
 
Bei der Prüfung von Einzelfällen unterstützen wir Sie gerne, beobachten für Sie die Entwicklungen weiterhin kritisch und stellen bei Bedarf auch Kontakt zu lokalen Ansprechpartnern von BDO UK her.
 
WAS BLEIBT GLEICH?
 
Für Entsendungen und sog. Mehrfachbeschäftigungen gelten nach dem EU-UK-Brexit Abkommen nahezu identische Regelungen wie bisher. Die diesbezüglichen Regelungen der bisherigen EU-Verordnungen wurden hierbei im Wesentlichen übernommen. Allerdings gelten die Regelungen für Entsendungen nur vorbehaltlich einer entsprechenden Zustimmung der einzelnen Mitgliedstaaten, die seitens Deutschlands noch zu erteilen ist. Es ist aber davon auszugehen, dass eine solche Zustimmung erteilt wird. Nach Auskunft der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA) werden zumindest während der vorläufigen Geltung des Abkommens Entsendungen und Mehrfachbeschäftigungen wie bisher entschieden. Insoweit sind auch vorübergehend die bisherigen Antragsunterlagen weiter zu verwenden. Es werden aber neue Formulare erarbeitet und so bald wie möglich zur Verfügung gestellt. 
 
In welchen Fällen bereits ausgestellte Europäische Krankenversicherungskarten (EHICs) weiterhin eingesetzt werden können und wann ggf. zusätzliche Gesundheitsbeiträge zu entrichten sind, sollte jeweils im Einzelfall geprüft werden. 
 
Gerne beraten wir Sie hierzu umfassend und unterstützen Sie bei der Beantragung entsprechender Bescheinigungen bei der DVKA.